Stadtwald Taunusstein – Bürgerwald

Wir erben! Wir, das sind die Bürgerinnen und Bürger der größten Stadt im Rheingau-Taunus-Kreis Taunusstein.

Eichelberger Weg
Taunusstein-Wehen
10. Oktober 2021

Bislang gibt es einen Stadtwald. Dieser wird liebevoll betreut vom Landesbetrieb HessenForst nach dem Diktum:

Wir pflegen und bewirtschaften die uns anvertrauten Wälder nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit.

Eigentümerin des Stadtwaldes, genauer Körperschaftswaldes ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Stadt Taunusstein. Und nun hat es in den vergangenen Monaten und darüber hinaus immer wieder Überlegungen der Stadtverantwortlichen gegeben, die Hege und Pflege des Waldes (Über die Hälfte der Fläche Taunussteins besteht aus Wald. 37 Prozent davon – 2534 Hektar – sind im Besitzt der Stadt, der Rest ist Staatswald.) dem Dienstleisters zu entziehen und in andere Hände zu geben.

Über die genauen Gründe kann man spekulieren. Die Arbeit des Dienstleisters HessenForst kostet Geld, richtig viel Geld. Und zufrieden war man auch nicht immer mit dieser Arbeit. So hatte HessenForst den Auftrag, Bäume in Wehen an der Kleinen Dresdener Straße zu fällen, aber natürlich nicht mitten in der Vegetationszeit, wie dann umgesetzt. Und dann fand auch die Wiederbepflanzung nicht im Herbst statt, sondern wurde aufgeschoben. Und außerdem geht es sicher auch um das Grundsatzkonzept. Also, warum besitzt die Stadt Wald? Ist der Wald eine wichtige, unverzichtbare Einnahmequelle? Ist der Wald Rückzugs- und Erholungsraum für uns Menschen? Oder vieles gleichzeitig?

Was auch immer zur Entscheidung der Stadtverantwortlichen geführt hat, der Magistrat der Stadt Taunusstein hat zugestimmt. Es wird einen Bürgerwald in kommunalpolitischer Verantwortung geben. Das heißt also, die Verantwortung trägt die Kommune, der Wald gehört uns Bürgerinnen[*]. Nun, vielleicht lässt sich das oben gebrauchte Wort „erben“ juristisch nicht halten, aber trotzdem!

Bürgermeister Sandro Zehner nimmt uns mit auf den Weg des Entscheidungsprozesses. Hören wir ihm zu:

Ist jetzt alles geregelt? Nein, wir sind am Anfang!

Am 13. September 2021 hat die Stadt Taunusstein zum neuen Waldkonzept eine Pressemitteilung herausgegeben und am 10. November hat sich der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Mobilität (SUM) mit unserem Projekt Bürgerinnenwald beschäftigt. Es wurde Dokument DRS. 21/210-02 beschlossen.

Mit 37 Ja-Stimmen haben zuletzt am 25. November 2021 die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung folgende sechs Punkte beschlossen:

  1. Es wird eine Kommission zur Begleitung und Umsetzung des Projekts „Bürgerwald in kommunalpolitischer Verantwortung“ gemäß § 72 HGO gebildet. Die formale Einsetzung erfolgt in einer separaten Beschlussvorlage.
  2. Die Umsetzung des Konzepts „Bürgerwald in kommunalpolitischer Verantwortung“ mit seinen wesentlichen Bestandteilen (Einführung der Naturnahen bzw. Naturgemäßen Waldwirtschaft/Dauerwald; Wildbewirtschaftung- Jagd; Organisation der Bewirtschaftung sowie die Reduzierung des jährlichen Hiebssatzes für Laubholz um 50 %, Aufhebung des Hiebsatzes für Fichten) wird zur Beratung an die zu bildende Kommission überwiesen.
  3. Der Einschlagstopp für gesunde Buchen (DRS. 19/245-01) wird zur Beratung an die zu bildende Kommission überwiesen.
  4. Die Forsteinrichtung 2017 (RS.16/244-01) wird mit den Änderungen aus der „Ergänzende Unterlage zur Forsteinrichtung aus 2017 im Stadtwald Taunusstein“, Verfasser: Sachverständiger für Forstwirtschaft Peter Bachmann, Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung (BÖF), Kassel, Juni 2021, zur Beratung an die zu bildende Kommission überwiesen.
  5. Der Magistrat erhält die Vorlage zur Kenntnis.
  6. Die Ortsbeiräte und der Seniorenbeirat werden in die Entscheidungsfindung eingebunden. Für die Ortsbeiräte soll in einer gemeinsamen Sitzung aller Ortsbeiräte das Waldkonzept vorgestellt und beraten werden.

Nun also wird eine Kommission gebildet auf Basis der Hessischen Gemeindeordnung (HGO), bestehend aus dem Bürgermeister, Mitgliedern des Gemeindevorstandes und Gemeindevertretern sowie fachkundigen Bürgerinnen und Bürgern. Ach ja, auch die Ortsbeiräte und der Seniorenbeirat sollen, wie in Punkt 6 aufgeführt, über unseren Bürgerwald beraten. Herauskommen soll ein Konzept für eine naturnahe Wald- und Jagdwirtschaft.

Künftig müssen wir das H selbst auf die Bäume malen, also unsere städtischen Forstwirte. Bislang hat das HessenForst für uns gemacht:

Bäume mit Höhlen oder großen Vogelhorsten lassen wir bewusst stehen. Sie stellen eine wichtige Lebensgrundlage für viele seltene Arten wie z. B. Fledermäuse, den Schwarzspecht oder Raufußkauz dar. Wir Forstleute kennzeichnen sie mit einem „H“ für „Habitatbaum“. HessenForst fördert damit ein Mosaik aus wertvollen Kleinsthabitaten im hessischen Wald.

Und als Ausblick:

Wenn wir Bürgerinnen und Bürger irgendwann – so eine Kommission muss ja erst besetzt werden und dann in vielen, vielen Sitzungen sich durch den Forderungsdschungel arbeiten, Vorschläge bewerten, in konsensfähige Konzepte gießen und der Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung übergeben. Also wenn das alles passiert ist, vielleicht aber schon ab sofort, könnten wir Bürger und Bürgerinnen doch mit unserem Wald gleich verantwortlich umgehen, so als wäre es jetzt schon unser Bürgerwald. Wie wäre es, wenn wir unsere Hunde anleinen, sodass sie nicht die Waldtiere, deren Zuhause der Wald ist, stören oder sogar töten? Wir könnten unseren Müll dort entsorgen, wo er hingehört, also in die heimische Mülltonne oder zum Sperrmüll geben. Und wir könnten – aus Eigennutz – mit Rauchen aufhören, zumindest aber die Kippen nicht im Wald entsorgen, wo jede weggeworfene Zigarette laut dem österreichischen Naturschutzbund mit ihrem Mix aus Toxinen zwischen 40 und 60 Liter sauberes Grundwasser verunreinigt.

[*]generisches Femininum

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